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Bildmontagen und Stimmungen
Stunde Null. Eine Schlüssellochperspektive. Selbst gedrehtes Material
gesichtet, revisited. Bilder, Hi-8 und DV-Material also wieder aufgesucht.
Besucht. Was erzeugt es, wenn man sich in seine alte Perspektive versetzt.
Plötzlich erinnert man sich an Physiognomien, an Straßenzüge
und gleichzeitig hat das Gedächtnis den Taxifahrer in Chicago gelöscht.
Überlagerungen mit einer anderen Taxifahrt in Kasachstan, eine alte
Frau wischt den Boden der Kirche. Ikonen. Rolltreppen blinken grünlich.
Eine Spielzeugstadt in der Sony-Filiale in Chicago, ein Aquarium in Nike-Town.
Fische, bunt und hell erleuchtet in ihrer Einsamkeit. Trübe dagegen
das Schaufenster-Aquarium in Seoul/Korea. Dafür die tiefere Melancholie
der Fischmäuler, die sich zugewandt, irgendwie begegnen oder unterhalten,
wir wissen es nicht.
Das Riesenrad in Sta. Monica, das Pacific Wheel löst sich auf in
immer größere Detailaufnahmen, die fast wie computergeneriert
wirken. Das Flackern der Zeit in den Bildern wirkt surreal, in der bunten
Artistik blinkender Lampen fast unwirklich, ein Schein von Computergehirnen,
die rattern und blinken. Könnten auch Gehirnwindungen, Synapsen eines
panischen Bären sein, einer ängstlichen Mutter oder eines hochgradig
erregten Gedankenspiels.
Diese Bilder wieder gesehen, erinnern an außerhalb des Bildrandes
enthaltene Szenen. Nachts, tags, die Bilder vom höchsten Haus Chicagos,
vielleicht der Welt. Fragen an die Städte: wer sind die Lichter?
Ist das alles ein unwirkliches Bild der Stadt, ein computer-generiertes
Schachbrettmuster mit blinkenden Details? Was passierte, wenn man alles
abstellte, oder nur die Idee von ewigem Stromausfall? Ewige Dunkelheit,
die endgültige Verwandtschaft des Nichts mit der Nacht? Aber dann
entdeckt man doch in einem winzigen Detail die Echtheit. In der Front
eines Hochhauses spiegeln sich reale Fahrzeuge. Oder sind diese vermittels
bester Digitaltechnik bereits ohne unser Wissen und Dazutun in das Bild
kopiert?
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Über unscharfen Konturen liegt der Untertitel: Nachrichten
von jenseits des Sonnenuntergangs. Der Titel wird ausgeblendet und das
Bild aus dem Hintergrund heraus wird scharf: das Riesenrad in der Nacht
blinkt, von oben gesehen, der Puls der Zeit, der Zahn der Zeit. Nach
dem Präludium stellt sich die Frage nach dem Nichts, Ursprung,
wo liegt der?
Was erzeugt es, wenn man sich in seine alte Perspektive versetzt. Plötzlich
erinnerte man sich an Physiognomien, an Straßenzüge und gleichzeitig
hat das Gedächtnis den Taxifahrer in Chicago gelöscht. Überlagerungen
in der Erinnerung mit einer anderen Taxifahrt in Kasachstan. Diese Bilder
wieder gesehen, erinnern an außerhalb des Bildrandes enthaltene
Szenen. Wieso? Was wäre die Vorstellung: gäbe es ein Gerät,
das den eigenen subjektiven Blick, von Geburt an bis über das Ableben
hinaus aufzeichnete?
Und jederzeit wäre es möglich zurückzuspulen, zu sehen,
was man gesehen hat. Für die Nachwelt für alle Zukunft. Jeder
Dialog und jedes Bild wäre festgehalten. Eine grauenhafte Vorstellung!
So ist das Gedächtnis ein Nullsummenspiel im Vergleich zu dessen
Möglichkeiten.
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